Lässt die Intelligenz und das Gedächtnis im höheren Alter nach?

Veröffentlicht am 21. Februar 2025 um 12:07

Bedeutet das, dass im höheren Alter – bei uns selbst oder unseren Eltern – die Intelligenz und das Gedächtnis nachlassen? 

Welche Aspekte sprechen dagegen? Oder stimmt es doch, was in der Gesellschaft verbreitet ist: Je älter ein Mensch wird, desto mehr nimmt seine kognitive Leistung (kognitiv = Denken, Wissen, Lernen und Erinnern) ab?

 

Dass die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten bei gesunden älteren Menschen schlechter werden, dafür gibt es nur wenig Belege. Lediglich 5 % aller älteren Menschen erleiden einen Verlust wichtiger geistiger Fähigkeiten. Falls dies geschieht, betrifft es meist nur einzelne Fähigkeiten. Im Allgemeinen tun sich ältere Menschen schwerer, neue Informationen aufzunehmen – sie benötigen dafür mehr Zeit, besonders ab einem Alter von 70 bis 80 Jahren.

Was wir messen können, ist der IQ. Dieser nimmt mit dem Alter ab. Dies stellt jedoch keinen Verlust an Intelligenz bei der einzelnen Person dar. Der scheinbare Rückgang des IQ erklärt sich dadurch, dass die Bildung von Generation zu Generation besser wird und der durchschnittliche IQ dadurch insgesamt steigt. Die Intelligenz lässt sich folgendermaßen aufteilen:

  • Kristalline Intelligenz: Verbale Fähigkeiten
  • Fluide Intelligenz: Schnelles und gründliches Lernen

 

Nur bei der fluiden Intelligenz zeigt sich im Alter eine leichte Verschlechterung. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass manche geistigen Fähigkeiten sogar im Alter noch zunehmen können. Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel – es gibt immer mehr ältere Menschen. Dies muss nicht zwingend ein Problem sein, sondern kann auch als Chance gesehen werden.

Weisheit – das bedeutet Expertenwissen zu grundlegenden Erfahrungen und Fragen des Lebens. Weisheit setzt sich aus verschiedenen Aspekten zusammen:

  • Allgemeines und spezifisches Wissen über die Umstände und vielfältigen Ausprägungen des Lebens
  • Die Fähigkeit, kompetent zu urteilen und bei Lebensfragen zu beraten
  • Wissen über Lebensumstände und deren Zusammenhänge
  • Verständnis für individuelle Wertvorstellungen, Überzeugungen und Lebensziele
  • Strategien für den Umgang mit der Unvorhersehbarkeit des Lebens

Diese Weisheit erwirbt man am besten durch ein langes, reflektiertes Leben.

 

Psychologen weisen die Behauptung zurück, dass kognitiver Abbau zwangsläufig auf den physiologischen Abbauprozess des zentralen Nervensystems zurückzuführen ist. Menschen unterscheiden sich stark in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit im letzten Lebensabschnitt. Viele Richter, Kanzler oder andere Berufstätige zeigen bis ins hohe Alter von 80+ keinen nennenswerten Abbau.

Ältere Menschen, die geistig und sozial stimuliert werden, können ein hohes Niveau ihrer kognitiven Fähigkeiten aufrechterhalten. Der Abbau kognitiver Fähigkeiten scheint häufig eine Folge von Nichtnutzung zu sein. Forschungen zeigen, dass ältere Menschen über Intelligenzreserven verfügen, die reaktiviert werden können. Dadurch können altes Wissen und alte Fähigkeiten wieder aktiviert werden – ebenso ist es möglich, neues Wissen und neue Fähigkeiten zu erwerben.

Es könnte daran liegen, dass sie sich geistig fit halten, indem sie ihren Aufgaben weiterhin nachgehen. Bei vielen Menschen, die in Rente gehen, wird der Geist nicht mehr so gefördert, und die Leistung nimmt daher ab. Dies könnte mit Muskeln verglichen werden: Werden sie nicht mehr genutzt, werden sie abgebaut. Allerdings gibt es keine fundierte wissenschaftliche Aussage, die diesen Zusammenhang zweifelsfrei belegt. Es handelt sich lediglich um Vermutungen, und es gibt auch Fälle, bei denen dies nicht zutrifft. Ein Beispiel dafür ist der ehemalige US-Präsident Ronald Reagan (1911–2004), der im November 1994 öffentlich seine Alzheimer-Erkrankung bekanntgab.

 

Nach dem Motto:

„Wer rastet, der rostet.“

 

Aber auch:

„Lernen durch Training, was verlernt wurde.“

 

Die unvermeidbaren Veränderungen des Alters erfolgreich zu meistern, ist möglich – etwa durch selektive Optimierung mit Kompensation:

  • Selektion: Reduktion auf wenige wichtige Ziele
  • Optimierung: Intensives Training dieser Bereiche
  • Kompensation: Strategien zum Ausgleich von Einschränkungen, z. B. durch eine altersgerechte Umgebung

 

Ein bekanntes Beispiel ist der Pianist Arthur Rubinstein (1887–1982). Im hohen Alter setzte er selektive Optimierung mit Kompensation ein:

 

  1. Er spielte weniger Stücke (Selektion).
  2. Er übte die Stücke intensiver (Optimierung).
  3. Er verzögerte vor schnellen Abschnitten das Tempo, sodass diese noch eindrucksvoller wirkten (Kompensation).

 

Im Gedächtnis treten im Alter nicht in allen Bereichen Ausfälle auf. Der Zugang zum allgemeinen Wissensspeicher sowie zu persönlichen Informationen, die vor längerer Zeit gespeichert wurden, bleibt meist erhalten.

 

Beispielsweise zeigten Untersuchungen zu ehemaligen Klassenkameraden Folgendes:

  • 35 Jahre nach dem Abschluss werden rund 90 % der Gesichter korrekt erkannt.
  • 50 Jahre nach dem Abschluss liegt die Erkennungsrate bei 70–80 %.

 

Altersbedingte Veränderungen erschweren es älteren Erwachsenen jedoch, sich neue Informationen zu merken, da diese Veränderungen die entsprechenden Prozesse beeinflussen. Insbesondere der Einsatz bewusst gesteuerter Gedächtnisprozesse nimmt im Alter ab. Wissenschaftler können bisher keine umfassende Erklärung liefern, warum das Gedächtnis im Alter nachlässt. Es gibt viele Theorien, doch diese werden noch weiter erforscht. Eine endgültige, fachlich fundierte und evidenzbasierte Antwort darauf steht daher noch aus.

 

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